Werkzeuge der Wirtschaft

Essay über den Film «The Purge – Die Säuberung» von James DeMonaco.

Die Familie Sandin am Esstisch einige Minuten vor der Purgenacht
Die Familie Sandin am Esstisch einige Minuten vor der Purgenacht

Eine Welt ohne Kriminalität, wer möchte das nicht? Denn lediglich eine Nachrichtensendung eines ganz normalen Tages zeigt genügend Argumente für Handlungsbedarf, um die Erde friedlicher zu machen. Ansätze gibt es viele, die je nach Weltanschauung stark differenzieren. Die Spanne zwischen Anarchie und Diktatur hat Platz für viele Lösungsvorschläge. Eine davon zeigt der Film «The Purge – Die Säuberung» von dem Regisseur James DeMonaco, im Kino zu sehen ab dem 13. Juni 2013 für alle ab 16 Jahren (FSK – Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft). Im Medium gelingt die Vision durch die Säuberung der Seele von Aggressionen. Was mit Yoga oder anderen sportlichen Aktivitäten erzielt werden kann, wird laut dem Film in den Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 2022 auf eine andere Art und Weise gelöst, nämlich mit Mord. Denn einmal im Jahr gibt es die «Purgenacht», in der während 12 Stunden jegliche Verbrechen erlaubt sind und wild gemordet wird. Dies rettet die USA aus dem Abgrund der hohen Kriminalitätsrate und den vielen Arbeitslosen. Während des ganzen Films begleitet man die klischeehafte Familie Sandin. Sie besteht aus dem Vater und Sicherheitsexperten James, seiner Frau und ihren beiden Kindern. Er verkauft Alarm- und Verteidigungssysteme für die Purgenacht und sämtliche Nachbarn besitzen sein hochsicheres Produkt. Anstatt selbst teilzunehmen, geniessen sie aber lieber ihren Wohlstand und verfolgen die Nachrichten vor dem Fernseher. Bis ihr Haus selbst Schauplatz der Säuberung wird und sich die Familie zu Personen wandelt, vor denen sie sich eigentlich versteckt halten. Im Medium werden mehrere moralische Positionen zur Säuberung der USA vertreten und die Familie wird im Laufe des ganzen Spielfilms mit der ethischen Frage konfrontiert, wie sie zur «Purge» stehen sollen. Darum wird in diesem Text untersucht, welche Parteien vorhanden sind und wie sich die Positionen der Familie ändern. Um die Entwicklung der Familienmitglieder zu untersuchen, werden zuerst die einzelnen Gruppen der Säuberung analysiert.

Die Reiniger

Es gibt die aktiven Teilnehmer der Purgenacht. Sie freuen sich auf die Säuberung, da sie bestimmte Personen töten können, ohne gesetzliche Konsequenzen zu befürchten. Obwohl alle Gesetze aufgehoben werden, praktizieren sie nur Mord. An Geld scheinen sie kein Interesse zu haben. Die Denkweise der Reiniger ist teils sehr skurril. Den Chef zu ermorden bezüglich zu wenig Lohn oder das Töten des Vaters der Freundin, weil er gegen die Beziehung ist, bringt im Endeffekt nicht die gewünschte Wirkung. Wer möchte schon mit jemandem durch das Leben gehen, der den eigenen Elternteil umgebracht hat? Einige werden von sozialdarwinistischen Absichten zur Säuberung verleitet, denn sie empfinden Arbeitslose oder Obdachlose als niedrigere Menschen. Wer sich vor der Säuberung nicht retten kann, hat es laut diesen Menschen nicht verdient zu leben, wodurch sich dann die Menschheit besser weiterentwickeln soll. Bezüglich der Tierwelt ist dies eine verbreitete Meinung, wie auch schon Charles Darwin 1861 in seinem Buch «The Origin of Species» schilderte. Dort schrieb er folgende These: «So folgt aus dem Krieg der Natur, aus Hunger und Tod, das erhabenste Objekt, das wir uns vorstellen können, nämlich die Produktion der höheren Tiere.» Auf wilde Tiere mag dies zutreffen. Denn sie sind ständig auf der Suche nach Nahrung. Bei uns Menschen ist es aber schon lange anders und die Stärke kann nicht auf körperliche Gewalt reduziert werden. Einfach gesagt, diese Leute handeln nicht menschlich. Der grösste Einfluss dieser Partei auf die Geschichte haben die Yuppies, die in das Haus der Sandins eindringen wollen, um den Obdachlosen zu ermorden. Sie sind junge Leute, die den Luxus zelebrieren. Gut gekleidet machen sie sich aus der Purge einen Spass und wollen ihre Welt in dieser Nacht verbessern. In unsere Realität adaptiert könnten diese Menschen Mitglieder einer Gang sein. Mich haben sie auch an Anarchisten, aus der Sicht der USA erinnert. Viele Ignorante haben dieses Bild, dass Befürworter die Anarchie nur wollen um Rache auszuüben und eben solche durchgeknallten Yuppies sind ­ – oder verwöhnte Studenten. Der zweite Film zur Säuberung heisst übrigens «The Purge – Anarchy», grosse Teile des Drehbuchs wurden vom ersten Teil übernommen, ausser dass die Familie eine andere ist. Dies zeigt meiner Meinung nach die Kritik an der Anarchie des Regisseurs. Denn keinesfalls würde ein Anarchist hinter den Zuständen der Purgenacht stehen, vor allem nicht, da das Morden quasi ein Befehl der Regierung ist, der durch Propaganda verbreitet wird. Auf anarchismus.de (Warum Anarchie? Und: Was ist Anarchie?, o.D.) steht folgende Definition zu Anarchismus: «Eine herrschaftslose und gewaltfreie Gesellschaft auf der Basis der Freiwilligkeit und der Gegenseitigkeit Hilfe zu erreichen». Dies stimmt bei mehreren Punkten nicht mit der Säuberung im Film überein: es ist eine Regierung vorhanden, es entsteht gezielt Gewalt, die Purge ist nicht freiwillig und Hilfe wird in den meisten Fällen auch nicht gewährt. Darum unterstützt dies nur noch das falsche Bild der herrschaftslosen Ordnung und muss anders dargestellt werden. Eine andere Metapher könnten Soldaten sein. Diese werden ebenfalls durch Propaganda manipuliert, sodass sie für das Vaterland kämpfen. Die Lorbeeren des Erfolgs ernten dann aber die Politiker, Generäle und die Oberschicht. Zu Beginn des Filmes befindet sich kein Familienmitglied in dieser Gruppe. James gerät durch die Eindringlinge in Bedrängnis und wird zur Verteidigung gezwungen zu morden. Im Gegensatz zu den restlichen Mördern steht er zu diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr hinter der Purge, da er das Leid am eigenen Leib erfährt. Komisch, dass ihm die Gewalt vorher nicht bewusst war. Letztendlich hat er die Säuberung ausgenutzt, um seine Sicherheitssysteme zu verkaufen und reich zu werden. Es ist anzunehmen, dass er sich dabei mit dieser gefährlichen Nacht stark auseinandergesetzt hat. Eigentlich sollte er bemerkt haben, dass ein Kurzurlaub während der Säuberung eine gute Idee gewesen wäre. Sie findet schliesslich nur in den USA statt. Als Reiseziel hätte ich ihnen das nahe gelegene Kuba empfohlen, im März herrscht dort perfektes Badewetter. Aber von einem Sicherheitsexperten, bei dem man in wenigen Sekunden einbrechen kann, ist eine solch intelligente Idee nicht zu erwarten. Aber wenigstens ist er ein guter Geschäftsmann.

Die Profiteure

Im Film gibt es ausserdem die Befürworter, die aber selbst nicht am Geschehen teilnehmen. Man erkennt sie durch die blauen und weissen Blumen im Auto, im Haus oder im Garten. Die Internetseite buildster.ch (Wirkung von Farben, 23.03.2018) stellt die Farbe Weiss mit Reinheit, Sauberkeit und Vollkommenheit gleich, während Blau ebenfalls für Sauberkeit steht. Sehr passend also zu einer Säuberung. Diese Leute gehören meist zur Oberschicht oder oberen Mittelschicht. Sie verbunkern sich dank den Sicherheitssystemen in ihren Häusern und warten auf Informationen über den staatlichen Fernsehsender oder auf Showtime in ihrer Überwachungskamera. Die Bilder werden von ihnen nicht als real wahrgenommen, die Szenerie gleicht einem gemütlichen Familienabend, an dem alle gespannt den neusten Hollywood Actionfilm ansehen. Als wäre es ein Tarantino-Film, sind die Videos der Morde mit schöner klassischer Musik unterlegt. Jeglicher Bezug zu den realen Taten ist verloren gegangen und das Geschehen fühlt sich weit entfernt an. Bis dann die Mörder plötzlich in der eigenen Wohnung stehen, wie bei der Familie Sandin. Ab diesem Zeitpunkt wird ihnen klar, wie real diese Säuberung wirklich ist. Die Hände nicht schmutzig zu machen, ist ein hohes Gut. Dies wird durch den Ausschluss der Regierungsbeamten an der Purge verdeutlicht. Sie wollen profitieren, ohne selbst etwas dafür tun zu müssen. Wobei hier die Arbeit, verständlicherweise nicht die schönste ist. Einen Grund mehr, die ganze Systematik zu überdenken. Die Profiteure sind das Pendant zu den Reichen bei uns: sie gewinnen, während andere auf deren Kosten verlieren, sei es an der Börse, durch Anlagen, Immobilien oder Firmen. Wenn jemand gewinnt, dann verliert auch immer jemand. Die Verlierer sind in der Säuberung die Unterschicht, während die Wirtschaft der Reichen aufpoliert wird. Die ganze Familie Sandin gilt als Befürworter. Dies hat vor allem den Grund, dass James ganz klar das Sagen hat und dieser stark von der Säuberung profitiert. Bei der Mutter, Mary, ist es nicht ganz klar, wie sie zu Beginn denkt. Sie wird James als Hausfrau untergestellt und besitzt keine eigene öffentliche Meinung. Sie macht mit, was er ihr befiehlt. Wer sich aber nicht aktiv dagegen ausspricht, ist für mich ebenfalls ein Befürworter und wegen James’ Einkommen profitiert sie ebenfalls. Dies gilt auch für die Tochter. Sie widerspiegelt das Klischee eines Teenagermädchens, dass momentan andere Dinge im Kopf hat, zum Beispiel ihren Freund. Bis dieser ebenfalls gesäubert wird.

Die Pazifisten

Diese Partei ist sehr selten vertreten. Eine Gegenstimme zur Purgenacht erhalten wir in einem Fernsehinterview. Dem armen Experten wird aber nur ein Satz gewährt und das Wort direkt wieder den Befürwortern überlassen. Es macht den Eindruck, als hätte man in der als Fernsehsendung getarnten Propaganda ihn nur eingeladen, um keine Kritik zur Einseitigkeit des Inhaltes aufkommen zu lassen. Generell halten sich die Proteste in Grenzen. Ob es nur wenige kritische Bürger gibt oder eine Zensur herrscht, ist aus dem Film nicht zu evaluieren. Ausserdem werden sie sehr töricht dargestellt. Neben dem nicht richtig zu Wort kommenden Experten im TV trifft dies auch auf den Sohn der Sandins zu. Er realisiert zwar als Einziger der Familie im Vorfeld die grausamen Taten der Säuberung, bringt aber alle Anwesenden in Gefahr, als er für einen Obdachlosen das Sicherheitssystem deaktiviert und ihn hereinlässt. Andererseits zeigt ausschliesslich er eine ethisch korrekte Moral. Anstatt nur das Geld vor Augen zu haben, sind ihm als Kind die Menschenleben wichtiger. Mary wird auch immer mehr pazifistisch veranlagt. Als sie die Angreifer töten könnte, entscheidet sie sich den Teufelskreis des Mordens zu unterbrechen und daraufhin kehrt wieder Ruhe ein. Ob sie sich nach dem gezeigten Film aktiv gegen die Purge einsetzt, ist nicht anzunehmen. Ausser sie hat durch den Tod ihres Mannes ihr eigenständiges Denken zurückerlangt und den Mut es auszusprechen. Die Denkweise der Tochter ist leider nicht klar. Aufgrund des ermordeten Freundes ist aber anzunehmen, dass sie ebenfalls die Gewalt stoppen möchte. Ihre Priorität ist jedoch sich selbst zu schützen und sie würde in der Verzweiflung auch zu Waffen greifen. Aus meiner Sicht ist der Pazifist sicherlich die moralisch vertretbarste Partei. Aber am besten wäre sich im Vorfeld gegen die Säuberung einzusetzen und so diese Gruppierungen gar nicht entstehen zu lassen. Es gibt viele gute Lösungsvorschläge um die Welt besser zu machen, die Purge ist jedoch sicher keine davon.

In diesem Text wurde untersucht, welche Parteien im Film «The Purge – die Säuberung» vorhanden sind und wie sich die Positionen der Familie ändern. Zusammengefasst gibt es die Teilnehmer, die sich als Reiniger der Menschheit sehen. Ebenfalls gibt es die Profiteure, die zwar die Purge befürworten aber selbst nicht teilnehmen und ebenso sind einige Gegner der gewalttätigen Nacht im Medium vorhanden. Der Familienvater James gehört anfangs zu den grossen Profiteuren. Bis seine Familie unfreiwillig an der Säuberung teilnimmt und er getötet wird. Seine Frau Mary hat ebenfalls profitiert. Sie war aber eine Mitläuferin und hat ihre Rolle indirekt über die Funktion als Ehefrau von James eingenommen. Wurde die Lage aber ernst, hat sie die Gewalt verneint und so sie Säuberung in ihrem Haus gestoppt. Im Gegensatz dazu steht ihr Sohn. Er ist bereits seit Beginn gegen diese Nacht und will den Opfern helfen. Die Tochter ist ignorant gegenüber der Säuberung, solange sie davon ihre Ruhe hat. Allgemein handelt die Familie nicht schlau, denn sie hätte der Purge im Ausland aus dem Weg gehen können. Ob die Menschen gewollt unterdurchschnittlich intelligent dargestellt werden, ist nicht sicher. Fakt ist, der Film hatte laut boxofficemojo.com nur 3 Millionen Dollar Budget, was die Logiklücken im Drehbuch erklärt. Es werden viele moralische Fragen gestellt, aber leider nicht beantwortet. Am Schluss des Filmes leben einige noch und die Anderen nicht mehr, die Aussage des Regisseurs ist aber nicht klar interpretierbar. Klar ist jedoch bereits, dass 2018 der vierte Film über die Purgenacht veröffentlich wird und eine Serie geplant ist. Für diese beiden Projekte wurde James DeMonaco nicht mehr engagiert, man darf gespannt sein, was sein Nachfolger aus dieser Thematik macht.

Literaturverzeichnis

Darwin, C. (1861). The Origin of Species by Means of Natural Selection Or The Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life (3. Aufl.). D. Appleton & Company.

Warum Anarchie? Und: Was ist Anarchie? [Kommunikationsforum]. (o.D.). Abgerufen von: http://www.anarchismus.de/allgemeines/anarchie.htm am 21.03.2018 18:35

Wirkung von Farben [Ratgeber / Blog]. (23.03.2018). Abgerufen von: https://www.buildster.ch/sanieren-renovieren/ratgeber/wirkung-von-farben am 28.03.2018 15:20

Box Office Mojo: The Purge [Filmdatenbank]. (o.D.). Abgerufen von: http://www.boxofficemojo.com/movies/?id=purge.htm, am 28.03.2018 17:05

Bilderquellen

Titelbild: http://bloody-disgusting.com, 01.04.2018 15:40

Die Familie Sandin am Esstisch einige Minuten vor der Purgenacht: https://www.imdb.com/, 01.04.2018 16:00